Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers/Bauherr
Gegenstand einer (unveröffentlichten, dem Autor jedoch vorliegenden) Entscheidung des Thüringer Oberlandesgericht vom 23.2.2011 – 2 U 223/10) war ein Sachverhalt, in dem die Eigentümer (Beklagten) eines bebauten Grundstücks beabsichtigt hatten, das bestehende Gebäude abzureißen. Dabei stand auf dem benachbarten Grundstück der Kläger ein denkmalgeschütztes Einfamilienhaus. Mit dem Abbruch war ein Fachunternehmen beauftragt. Während der Abbrucharbeiten war es zu einer Beschädigung des benachbarten, denkmalgeschützten Gebäudes gekommen. Hierzu hat das OLG zunächst festgestellt, dass nicht nur das Abbruchunternehmen, sondern, gesamtschuldnerisch haften auch die Eigentümer des abzureißenden Gebäudes den am denkmalgeschützten Einfamilienhaus entstandenen Schaden einzustehen haben. Als Veranlasser der Abbruchmaßnahmen seien zunächst die Eigentümer des Abbruchobjektes verkehrssicherungspflichtig und seien bei einem schuldhaften Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig. Dies gelte auch dann, wenn sie die Abbruchmaßnahme zwar nicht selbst vorgenommen, jedoch als Bauherren einen Dritten mit der Durchführung der Abbruchmaßnahmen beauftragt haben. Bei Einschaltung eines Abbruchunternehmen verkürze (vermindere) sich die Pflichtenstellung der Bauherrn allerdings dann, wenn Sie die Bauplanung, Bauaufsicht und Bauausführung einem bewerten, als zuverlässig bekannten sachkundigen Architekten sowie einem zuverlässigen und leistungsfähigen Bauunternehmer übertragen haben − Urteil des BGH vom 5.11.1992 – III ZR 91/91, BGHZ 120,124 – juris Rn 20. ist die Verkehrssicherungspflicht auf solch zuverlässige Dritte übertragen, so verringere sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglichen allein verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Dieser könne seine Sicherungspflicht allerdings nicht in der Weise delegieren, dass er sich gar nicht mehr um das Bauvorhaben zu kümmern brauche. Bleibe es sein Vorhaben, sodass auch er den Verkehr vor dessen Gefahren zu schützen habe. Sind dem Bauherrn besondere gefahrenträchtige Umstände bekannt, die z.B. zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des Grundstücksnachbarn führen können, so habe er sich darum zu kümmern, dass diese Umstände auch von den von ihm Beauftragten erkannt und berücksichtigt werden – BGH, VersR 1960,1116,1117; BGH Urteil vom 5.11.1992, III ZR 91/91= BGHZ 120,124 – juris.
Deshalb reiche die sorgfältige Auswahl der mit der Planung und Bauausführung befassten Fachleute zur Entlastung des Bauherrn oder Grundstückseigentümers nicht aus, wenn für diesen erkennbar eine besondere Gefahrenlage Brücke gegeben war oder wenn Anlass zu Zweifeln bestand, ob die eingesetzten Fachkräfte in ausreichendem Maße den Gefahren und Sicherheitserfordernissen Rechnung tragen würden. In dieser Situation sei er gehalten, die Arbeiten zu überwachen und nötigenfalls selbst einzugreifen. Eine solche Situation war im entscheidenden Sachverhalt der weiß gegeben, dass es sich dem Nachbarhaus um ein sehr altes Haus gehandelt hatte und es nicht klar gewesen sei, ob und wie die beiden Häuser miteinander verbunden waren.
Als Laien hätte es den Auftraggebern der Abrissarbeiten klar sein müssen, bei dem Nachbarhaus um ein sehr altes Haus handelte und daher der Abriss nur mit äußerster Sorgfalt vorgenommen werden kann, um das Nachbargebäude nicht zu schädigen. Der Verzicht auf einen Architekten oder Statiker mit der Prüfung der Situation vor Ort, der Planung von Sicherungsmaßnahmen und der Überwachung der Abbrucharbeiten sei den Auftraggebern als Verletzung der eigenen Verkehrssicherungspflichten zur Last zu legen. Die Haftung der Auftraggeber für die schädigenden Folgen der Abbruchmaßnahmen folge unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zudem auch aus einer analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB – BGH, Urteil vom 19.9.2008 – V ZR 28/08, BGHZ 178, 90,98 Rn24. So werde die vorgenannte Bestimmung im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn analog angewandt, wenn Einwirkungen, die von einem Grundstück auf das Nachbargrundstück ausgehen rechtswidrig sind und daher nicht geduldet werden müssten, der betroffene Eigentümer oder Besitzer des Nachbar-grundstücks jedoch aus besonderen Gründen gehindert sei, solche Störungen mit einem Abwehranspruch zu unterbinden. Auf Seiten der Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes habe ein solcher Hinderungsgrund bestanden, da die Nachbarn über eine wirksame Abbruchgenehmigung verfügt hätten und auch ein Vertreter der Bauordnungsbehörde anlässlich eines Ortstermines keine Einwände gegen den Abriss geltend gemacht habe. Von daher hätten die Kläger davon ausgehen dürfen, dass der bevorstehende Abriss nicht nach § 1004 Abs. 1 BGB mit einer einstweilen Verfügung zu stoppen sein wird.
Weiterhin trifft nach einer Entscheidung des Landgericht Halle (Saale) auch der Eigentümer eines Hauses, der sein Gebäude soweit verfallen lässt, dass es abgerissen werden muss, zum Zeitpunkt der Durchführung des Abbruchs die Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf die umliegenden Nachbar-gebäude, da er die Gefahren, die von dem notwendig werdenden Abbruch für die Nachbarhäuser ausgehen, geschaffen hat . Im vom Landgericht Halle (Saale) entschiedenen Sachverhalt hatte die Behörde auf der Grundlage des Berichtes eines Prüfstatikers gegenüber der Eigentümerin eines in geschlossener Bauweise errichteten historischen Gebäudes, wegen akuter Einsturzgefahr, den sofortigen Sicherheitsabbruch des Gebäudes angeordnet. Im Zuge des Abbruchs stürzte das mittlere Drittel der nunmehr freistehenden rechten Giebelwand des Hauses der Kläger im Erdgeschoss ein.− LG Halle (Saale), Urteil vom 10.10.2008 – 5 O 497/03 – juris.
Verkehrssicherungspflicht Dritter
Bereits im Jahre 1965 hatte der BGH darauf hingewiesen, dass ein Unternehmer von Abbrucharbeiten seiner Verkehrssicherungspflicht nicht schon dadurch genügt, dass er den Auflagen der Polizei und des Gewerbeamtes nachkommt. Vielmehr habe er selbstständig zu prüfen, ob weitere Sicherungs-maßnahmen notwendig sind und solche erforderlichenfalls auch zu treffen. In dem entschiedenen Fall war im Zusammenhang mit Abbrucharbeiten die Nordwand eines aus dem 16. Jahrhundert stammen-den Hauses eingestürzt und hatte hierbei das der Wand gegenüberliegende, durch eine Gasse getrennte Haus und eine in diesem stehende wertvolle Setzmaschine beschädigt. Das verklagte Abbruchunternehmen wurde zum Schadensersatz verurteilt, da deren Verantwortung für den Einsturz nicht dadurch aufgehoben worden sei, dass es das Fehlen eines festen Verbundes zwischen Ost und Nordwand von außen nicht hat erkennen können. Auf Grund weiterer äußerer Umstände, der Belastung der Gebäudesubstanz durch den Druck des im Gebäudeinnern aufgehäuft Schuttes, hätten dem Abbruchunternehmen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen und von ihm als Unternehmer eines Abbruchs anzuwendenden Sorgfalt ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Standfestigkeit der Nordmauer kommen müssen. Es sei dabei ohne Belang, ob er sämtliche bei Verwirklichung der Gefahr mitwirkende Umstände in bestimmter Weise hatte voraussehen können. Dies gelte auch dann, wenn die von ihm nicht erkannte. jedoch mitwirkender Einsturzursache des fehlenden Verbandes zur Ostwand zu den Gefahr Umständen gehört hatte − BGH Urteil vom 7.12.1965 – VI ZR 149/64 – juris.
In gleicher Weise hat das OLG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass der Abbruchunternehmer bei in geschlossener Bauweise errichteten Häusern mit einer gemeinsamen Giebelwand stets mit einer Verbindung beider Häuser rechnen muss dies gelte insbesondere für Fachwerkhäuser werde beim Abriss der Fassade ein Nachbargrundstück aufgrund der bestehenden baulichen Verbindung beschädigt, so haftet der Abriss Unternehmer dem Nachbarn auf Schadensersatz − OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.2.1999 – 22 U 154/98 – juris = IBR 1999,267.
Ferner hat das Landgericht Halle (Saale) darauf hingewiesen, dass derjenige, wer aus einem Verbund von Nachbarhäusern in historisch geschlossener Bauweise, bei der vorhandene Wände von zwei benachbarten Häusern gleichzeitig genutzt werden, aussteigt, in dem er sein eigenes Haus abreißt, auf seine Kosten zugleich für den Erhalt des Partnerhauses zu sorgen hat. Der Nachbar sei in den Schutzbereich eines Werkvertrages über den Abbruch eines in historisch geschlossener Bauweise errichteten Hauses mit einbezogen. Ein solcher Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter werde im Allgemeinen angenommen, wenn der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistungen in Berührung komme und die Ausführung der Leistungen sich auch auf den Dritten auswirken können. Bereits aus der räumlichen Nähe des Grundstücks der Kläger, der Tatsache, dass beide Häuser in historischer Bauweise errichtet waren und geschlossen nebeneinanderstanden, sei es offensichtlich gewesen, dass die Kläger bestimmungsgemäß und nicht nur zufällig mit den Abbrucharbeiten in Berührung kommen werden − LG Halle (Saale), Urteil vom 10.10.2008 – 5 O 497/03 – juris.
In dem Urteil des Thüringischen Oberlandesgericht vom 23.2.2011 – 2 U 223/10 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass das Abbruchunternehmen aus einer Verletzung des Eigentums infolge der durchgeführten Abbruchmaßnahmen und der hierbei selber begangenen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hafte. Der Abbruchunternehmer habe grundsätzlich Sicherungspflichten gegenüber Grundstücksnachbarn. Ein Abbruchunternehmer habe daher die Arbeiten so durchzuführen, dass ein Nachbargrundstück weder durch den Zusammenbruch von Gebäudeteilen noch durch Entzug der notwendigen Stütze des Gebäudes zu Schaden kommt, soweit sich diese Gefahren mit zumutbaren Mitteln vermeiden lassen. Da es der Beklagte vertraglich übernommen hatte, den Abbruch des Hauses durchzuführen und den Abriss auch vorgenommen hat, sei er verpflichtet gewesen, sich an diese Grundsätze zuhalten und zudem die Vorgaben in der Abbruchgenehmigung einzuhalten. Hiernach sei nicht nur vor Beginn der Abrissarbeiten zu prüfen gewesen, ob die Standsicherheit des Nachbargrundstückes auch weiterhin gegeben ist. Vielmehr hätte der Abbruchunternehmer auch bei den Abbrucharbeiten selber eine solche besondere Sorgfalt aufzuwenden gehabt, die in jeder Phase des Abbruchs die weitere Standsicherheit des benachbarten Gebäudes gewährleistet.
Im selben Sinne hat auch das OLG Celle gestellt, dass der Unternehmer von Abbrucharbeiten auch Dritte vor den durch den Abbruch drohenden Gefahren zu schützen und die hierzu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen habe. Der Abbruchunternehmer habe deshalb sowohl vor Beginn der Arbeiten als auch während ihrer Durchführung ständig zu prüfen, ob er den Abbruch gefahrlos durchführen kann. Zu diesem Zweck habe er u.a. die baulichen Verhältnisse der Verbindung zweier Giebelwände zu untersuchen und gegebenenfalls Erkundigungen sowohl beim Bauherren als auch beim Nachbarn einzuholen. Sich ergebende Bedenken habe er gegenüber dem Bauherrn anzuzeigen (§ 4 Abs. 3 VOB/B). Sei der Bauherr als Auftraggeber gesamtschuldnerisch neben dem Abbruchunternehmer als Auftragnehmer gegenüber dem Nachbarn nach § 823 Abs. 1 BGB aufgrund der Beschädigung des angrenzenden Grundstücks zum Schadensersatz verpflichtet, begründe § 10 Abs. 3 VOB/B eine alleinige Verantwortung des Auftragnehmers im Innenverhältnis. Diese Regelung sei jedoch geltungserhaltende dahingehend zu reduzieren, dass sie nur dann gelte, wenn der Auftraggeber nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig für den Schaden mitverantwortlich ist − OLG Celle, Urteil vom 6.10.2016 – 13 U 112/14 -, juris.
Beweislast
Grundsätzlich liegt zum einen die Beweislast dafür, dass es in der Folge von Abbrucharbeiten zu Schäden am fremden Eigentum gekommen ist und zum anderen die Beweislast dafür, dass hierfür auf Seiten des Bauherren und/oder des Abbruchunternehmen und/oder auf Seiten des mit der Planung oder Überwachung der Abbrucharbeiten beauftragten Architekten oder Bauleiter ein Verschulden, insbesondere eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht(en) vorliegt − in anderen Haftungsfällen auch − zunächst alleine beim Geschädigten.
Dieser Grundsatz kann und sollte einen Abbruchunternehmer, Architekten, Bauleiter etc. jedoch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung nicht sorglos werden oder gar ruhen lassen.
So hat der BGH in einer zeitlich noch jüngeren Entscheidung festgestellt, dass dann, wenn auf einem Nachbargrundstück im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit Gründungs- und Abbrucharbeiten Risse an einem Gebäude entstehen, eine Haftung des Eigentümers des Grundstücks, auf welchen die Arbeiten durchgeführt werden, analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn ausgeschlossen ist, dass die Schäden bloße Folge einer mangelnden Standsicherheit des (geschädigten) zu Gebäudes sind − BGH, Beschluss vom 16.7.2015 – V ZR 214/14 – , juris. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ohne Vorliegen einer mangelnden Standsicherheit des beschädigten Hauses davon ausgegangen werden kann, dass zwischen den Schäden und den Abbruchmaßnahmen ein unmittelbarer, kausaler Zusammenhang besteht.
Bereits zeitlich zuvor hatte beispielhaft das Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, im Zusammenhang mit dem Schadensersatzanspruch eines Hauseigentümers folgendes ausgeführt:
Verlangt ein Grundstückseigentümer von einem Abbruchunternehmer, der auf einem Nach-bargrundstück (schräg gegenüber) Abrissarbeiten durchgeführt hat, Schadensersatz, weil er der Auffassung ist, dass an seinem Haus vorhandene Risse ursächlich auf die Abrissarbeiten und die damit verbundenen Erschütterungen seines Grundstücks zurückzuführen sind, ist für die Bestim-mung der maßgeblichen Sorgfaltsanforderungen bei den Abrissarbeiten die DIN 4150-3 heran-zuziehen. Diese enthält insofern geeignete Richtwerte. Wenn dem Abbruchunternehmer der Nachweis gelingt, dass die maximal prognostizierten und aufgetretenen Schwingungsgeschwindig-keiten weit innerhalb des Toleranzrahmens der DIN 4150-3 lagen, ist eine Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ausgeschlossen.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27.11.2009 – 14 U 91/09 – juris.
Umfang der Schadensersatzpflicht
−Der Umfang des zu ersetzenden Schadens hängt bei einer bislang geschlossenen Bebauung maßgeblich davon ab, ob die abgebrochene Wand auf oder entlang einer gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Nachbargebäude gestanden hat, ob die beiden Gebäude auf einer gemeinsamen Grenze miteinander verbunden gewesen sind oder ob beide Gebäude − wie in historischen Stadtkernen häufig anzutreffen − auch nur über eine gemeinsame Außenwand verfügt haben. So hat das OLG Dresden entschieden, dass dann, wenn die nach dem Abriss eines Hauses verbliebene Giebelwand, eine Kommunenwand, im Sinne von § 921 BGB nicht mehr dazu ausreiche, für eine ausreichende Wärmedämmung des stehenbleibenden Gebäudes zu sorgen, der abreißende Nachbar dazu verpflichtet sei die Wärmedämmung der Nachbarwand so zu verbessern, dass eine Tauwasserbildung in den Räumen des bestehen bleibenden Gebäudes ausgeschlossen ist – OLG Dresden, Urteil vom 03.08.2007 – 11 U 19/07 – juris.
Zum Thema Wärmedämmung hat das OLG Hamburg entschieden, dass dann, wenn ein Haus abgebrochen wird, der Eigentümer nicht verpflichtet ist, Vorkehrungen zum Schutz der dadurch freigelegten Wand des Nachbargebäudes insbesondere gegen Feuchtigkeitseinwirkungen, zutreffend, wenn die Häuser keine gemeinsame, sondern zwei getrennte Außenmauern vorweisen. Er haftet auch nicht für Feuchtigkeitsschäden am Nachbarhaus − OLG Hamburg, Urteil vom 5.9.2014 – 9 U 121/13 in IMR 2015,1058 (nur online).
In Bezug auf den Abbruch eines Gebäudes, das entlang der Grenze eines benachbarten Grundstücks errichtet gewesen ist und bei welchem das verbliebene Gebäude gegen Witterungseinflüsse geschützt werden musste hat der BGH geurteilt, dass dem angrenzenden Nachbar kein Ausgleichsanspruch auf Ersatz der Kosten für den Witterungsschutz zustehe, da das abgerissene Gebäude (Stallgebäude) nicht an das Haus des Klägers angebaut gewesen sei. Bei der Mauer, um deren Schutz es ging, handele es um keine gemeinschaftliche Einrichtung im Sinne des § 921 BGB − BGH, Urteil vom 16.4.2010 – V ZR 171/09 in BauR 2010,1115, IMR 2010, 244.
Nach einer Entscheidung des Brandenburgisches Oberlandesgericht stellt eine auf der Grundstücksgrenze stehende Gebäudewand eine Nachbarwand und damit eine Grenzeinrichtung im Sinne des §§ 921 BGB dar. Der Abriss eines an eine Nachbarwand angrenzenden Gebäudes und die daraus resultierende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Wand für das Nachbargebäude sei eine gegen § 922 S. 3 BGB verstoßende Änderung der Grenzeinrichtung, sofern der Eigentümer des abgerissenen Hauses nicht diejenigen Maßnahmen getroffen hat, die zur Verhinderung oder Beseitigung negative Auswirkungen im Interesse des Nachbarn geboten sind. Dies mit der Folge, dass der die Nachbarwand abreißende Stücks Eigentümer dazu verurteilt wurde, auf seine Kosten innen vor der bestehenden Gebäudeabschlusswand, welche parallel zur gemeinsamen Nachbarwand errichtet wurde, eine Brandwand mit einer Wanddicke von 24 cm zu errichten. Zuvor hatte das Gericht festgestellt, dass durch die Abbrucharbeiten sowohl die Standsicherheit der bisherigen Nachbarwand als auch ihre Tauglichkeit als Abschlusswand beeinträchtigt worden ist Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21.04.2011 – 5 U 51/09, juris
Eine Grenzwand, die sich vollständig auf dem Grundstück eines Nachbarn befindet, entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze verläuft, ohne diese zu überschreiten, stellt keine Grenzeinrichtung im Sinne der §§ 921, 922 BGB dar. Hat jedoch ein Grundstücksnachbar darauf verzichtet, an der gemeinsamen Grenze eine eigene zweite Grenzwand zu errichten und stattdessen die Grenzwand seines Nachbarn für seinen Anbau genutzt und ist es bei dem Abbruch des Anbaus zu kurz und Mauerschäden sowie Feuchtigkeitsschäden im Keller gekommen, so liegen neue und eigenständige Schäden vor, die über die bei Errichtung des Anbaus an der Wand verursachten Substanzschäden hinausgehen und damit den einen Anbau abbrechenden Eigentümer gegenüber dem Nachbarn nach § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichten. Der vom Schaden betroffene Nachbar ist danach berechtigt zu verlangen, dass die Wand als funktionsfähiger Außenwand wiederhergestellt wird und zu ersetzen sind. In diesem Zusammenhang seien auch die Feuchtigkeitsschäden im Keller zu beheben − Urteil des BGH vom 18.12.2015 – V ZR 55/15 – openJur 2016,3904.
Wann objektiv eine Wand eine Grenzeinrichtung darstellt hat der BGH festgestellt:
Bei einer schon länger bestehenden Einrichtung, die sich wegen ihrer Vorteilhaftigkeit für beide Seiten objektiv als Grenzeinrichtung darstellt, spricht eine Vermutung dafür, dass sie mit dem Willen beider Nachbarn errichtet worden ist. Das Erscheinungsbild einer Grenzeinrichtung ist Bestandteil ihrer Zweckbestimmung und kann von der ihr immanenten Ausgleichsfunktion zwischen den Interessen der Grundstücksart Band nicht getrennt werden. Es kann daher ohne Zustimmung des Nachbarn nicht verändert werden.
BGH, Urteil vom 20.10.2017 – V ZR 42/17 -, juris
Mein Nachbar hat mich nun auch auf eventuellen Schadenersatz nach dieser Maßnahme hingewiesen. Jedoch habe ich ein Gutachten über Grundstücksgrenzen erstellen lassen und bin der Meinung, dass alles innerhalb meines Grundstückes abgelaufen ist. Ich werde nochmal einen Experten konsultieren.