Was ist ein Baumangel?
Baumangel

Was ist ein Baumangel?

Unter dem Begriff des Baumangel fallen sowohl Mängel an neu errichteten oder alten oder auch älteren und sanierten Bauwerken, gleich welcher Art. Ursache eines Baumangels können zum einen fehlerhafte bauliche Ausführungen eines einzelnen, zu einem Gebäude zählenden  Gewerke sein, wie z.B. eine fehlerhafte Dach- oder Kellerabdichtung. Oder zum anderen auch bereits Fehler in der Planung eines einzelnen Gewerkes oder eines gesamten Gebäudes, wie z.B. die Planung einer für die Nutzung von Pkws zu schmal oder mit einer zu geringen lichten Höhe geplanten Einfahrt in eine Tiefgarage oder die nicht ausreichende Berücksichtigung von Grundwasserständen bei der Ablichtung des Kellergeschoss eines Gebäudes.

Bei Altbauten, bei der sogenannten Sanierung im Bestand, können wiederum unzureichende oder fehlerhafte Bestandsaufnahmen, d. h. von  Untersuchungen des vorhandenen baulichen Bestandes, bei der anschließenden Sanierung z.B. zu Mängeln im Schallschutz zwischen verschiedenen Wohnungen und Etagen eines Gebäudes, zu Feuchtigkeitsschäden und im Zusammenhang mit einer energetischen Sanierung auch zum Verlust von öffentlichen Fördermitteln, wie z.B. der KfW führen.

Die Zahl möglicher Baumängel ist dabei nahezu grenzenlos und stellen vielfach sowohl eine geradezu schicksalhafte Verquickung von Planungs- und Ausführungsmängeln dar.

Wann liegt ein Baumangel vor?

Ein Baumangel liegt – allgemein gesprochen – stets dann vor, wenn ein Bauwerk oder auch nur ein Teil davon einen solchen Zustand aufweist, den der Empfänger der Bauleistung nicht so bestellt und der Handwerker oder das Bauunternehmen oder ein Architekt nicht so geplant hat, wie er dies mit seinem Auftraggeber vereinbart hatte. Oder anders ausgedrückt:

Ein Mangel stellt eine Abweichung der IST-Beschaffenheit von der SOLL- Beschaffenheit dar.

Die Crux mit der Soll- und mit der Ist-Beschaffenheit!

So einfach, wie sich die vorgenannte Definition eines Mangels auch anhört, so schwierig erweist sich in der Praxis immer wieder die Beurteilung, welches nun tatsächlich die Soll-Beschaffenheit eines Gebäudes, von Gebäudeteilen, Gebäudeausstattungen etc. und das Ergebnis einer werkvertraglichen Leistung ist und wann und vor allen Dingen unter welchen ganz konkreten sachlichen Voraussetzungen und in welchem Umfang die tatsächlich vor Ort anzutreffende Ist-Beschaffenheit mit den Anforderungen der Soll-Beschaffenheit nicht im Einklang steht.

Ist-Beschaffenheit

Die tatsächliche und aktuelle Beschaffenheit eines Gebäudes oder von Teilen eines Gebäudes, wie z.B. eines Daches, von Balken, der Trockenheit oder Feuchtigkeit von Wänden im Keller,

die Funktionstüchtigkeit einer Heizungs- oder Lüftungsanlage etc. etc.  lässt sich in aller Regel mit einem mehr oder weniger großen zeitlichen und tatsächlichen Untersuchungsaufwand, spätestens jedoch unter Zuhilfenahme der Sach- und Fachkunde eines oder verschiedener Sachverständige für Bauschäden oder aus anderen Fachgebieten feststellen und dokumentieren.

Präventive Feststellung des Ist-Zustand

Die frühzeitige, präventive Einschaltung von Sachverständigen und sogenannten Sonderfachleuten ist einem jedem privaten oder gewerblichen Bauherren und auch einem jeden Handwerker und Unternehmen dringend zu empfehlen.

Dies zum einen mit dem Ziel, schnellstmöglich eine klare Beurteilung und Verhandlungs-grundlage dafür zu erhalten, in welchem Zustand sich ein Bauwerk oder Teile davon, wie z.B. Fenster oder auch bauliche Ausstattungen und Ausrüstungen, wie z. B eine Heizungsanlage,  zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt befinden. Zum anderen mit dem Ziel, sich durch eine saubere, fachlich qualifizierte Dokumentation für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine wirklich tragfähige Beweisgrundlage zu verschaffen.

Solange eine werkvertragliche Leistung, ein Bauwerk  oder Teile davon nicht durch einen Bauherrn, sei es durch einen privaten oder auch gewerblichen Auftraggeber, gegenüber dem Handwerker oder dem Bauunternehmen als mangelfreie Leistung abgenommen worden ist, tragen alleine der Handwerker oder das Bauunternehmen die Beweislast dafür, in welchem Zustand sich die von Ihnen erbrachten Leistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt befunden und dass diese vor allen Dingen keine Mängel aufgewiesen haben, welche den Auftraggeber z.B. dazu berechtigen können, Zahlungen an den Handwerker oder das Unternehmen zu verweigern.

Und nach der erfolgten Abnahme liegt die entsprechende Beweislast auf Seiten des Auftraggebers. Dieser hat nach der Abnahme zu beweisen, dass die vom Handwerker oder Bauunternehmen erbrachten Leistungen tatsächlich mangelhaft sind.

Baumangel

Soll-Beschaffenheit

Mit ganz erheblichen Schwierigkeiten und mitunter sehr kostspieligen, sich im fünfstelligen Euro-Bereich bewegenden Beweisgutachten ist sowohl außergerichtlich wie auch in sich gegebenenfalls anschließenden gerichtlichen Bauprozessen die Beantwortung der Frage verbunden, welche Soll-Beschaffenheit ein Bauwerk, Teile davon oder auch nur bauliche Anlagen aufweisen müssen, damit kein Mangel vorliegt.

Die Beantwortung dieser Frage ist grundsätzlich notwendig, um überhaupt beurteilen zu können, ob tatsächlich eine sachliche Differenz zwischen der festgestellten Ist-Beschaffenheit und einer Soll-Beschaffenheit und damit ein Mangel vorliegt. Ohne eine solche Abweichung liegt in aller Regel kein Mangel vor.

Soll-Beschaffenheit nach dem Gesetz?

Der Gesetzgeber und die von ihm geschaffenen Gesetze, wie insbesondere das BGB, helfen  bei der Beurteilung der Frage nur sehr wenig weiter, welches die Soll-Beschaffenheit eines Bauwerkes oder Teile von diesem etc. ist, welche sachlichen Kriterien hierbei im Einzelnen erfüllt sein müssen.

Vorrang der Privatautonomie

Grund hierfür ist nicht nur die Schwierigkeit des Gesetzgebers, für alle möglichen Arten von Bauwerken, von Teilen von Bauwerken, Gebäudeausstattungen etc. bereits in einem Gesetz klare, von einem jeden Handwerker oder Unternehmen bei der Herstellung eines Gebäudes etc. zu beachtenden Kriterien zu formulieren und verbindlich vorzuschreiben, sondern auch der Wunsch des Gesetzgebers, einem jeden Bauherrn, Handwerker und Unternehmen bei der Vorgabe und Formulierung von sogenannten Leistungszielen einen sehr weiten und freien Gestaltungsspielraum einzuräumen.

Im Rahmen der Privatautonomie, der Selbstbestimmungsrechte einer jeden Person, eines jeden Handwerkers und einer jeden Unternehmensführung, soll es nach dem Willen des Gesetzgebers diesen weitestgehend freigestellt bleiben, mit welchen Inhalten beide ihre wechselseitigen Leistungspflichten formulieren und festlegen.

Vorrang des Werk- und Bauvertrages nebst Anlagen

Von daher bestimmt sich das Leistungs-Soll zunächst und mit absoluten Vorrang nach dem Inhalt des zwischen einem Bauherrn, einem Handwerker oder einem sonstigen Unternehmen geschlossenen Vertrag und hat sich der Gesetzgeber zunächst darauf beschränkt, unter der Bestimmung des § 631 BGB die grundsätzlichen Verpflichtungen zwischen zwei Vertrags-partnern zu formulieren. Zum einen die Verpflichtung des Unternehmers zur Herstellung des versprochenen Werkes, und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung an den Unternehmer. Ferner, dass Gegenstand des Werkvertrages sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache, wie auch ein anderer, durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein kann.

Bauvertrag

Konkret in Bezug auf die Herstellung eines Bauwerkes hat der Gesetzgeber in einer 2018 neu eingeführten Bestimmung zum BGB, des § 650a, weiter konkretisiert, dass ein Bauvertrag ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder der Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon ist. Des Weiteren ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.

Versprochenes Werk und Vergütung

Darüber, wie das versprochene Werk nach seiner Herstellung oder Fertigstellung tatsächlich auszusehen hat, wie der Leistungserfolg auszusehen hat und wie hoch andererseits die Vergütung ist, welche der Handwerker oder das Bauunternehmen für seine Leistung verlangen kann und wann und unter welchen Voraussetzungen diese zur Zahlung durch den Bauherrn/Auftraggeber fällig ist, schweigt sich das  Gesetz zur Wahrung der Privatautonomie und angesichts der Schwierigkeiten, für alle möglichen Werk- und Bauleistungen einheitliche Kriterien festzulegen, auch im neuen Bauvertragsrechts zum größten Teil aus.

Die Feststellung, was ein Handwerker oder Bauunternehmen ganz konkret als Erfolg zu liefern hat, welche Anforderungen an den Erfolg zu stellen sind und welche Gegenleistung beide vom Bauherrn/Auftraggeber erwarten können, richtet sich auch beim Bauvertrag weiterhin vorrangig nach den zwischen beiden Parteien vertraglich getroffenen Vereinbarungen.

§ 633 Abs. 2 S. 2 BGB als „Rettungsanker“?

Nur in großen Ausnahmefällen, dann, wenn eine vertragliche Vereinbarung über die eine oder andere Soll-Beschaffenheit eines Bauwerkes oder einer Teilleistung nichts vereinbart worden ist, hilft das Gesetz durch die Bestimmung des § 633 BGB ein wenig weiter.

Nachdem § 633 BGB unter Abs. 1 zunächst ganz allgemein bestimmt, dass der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen hat und im Abs. 2, Satz 1 nochmals darauf hinweist, dass ein Werk frei von Sachmängeln ist, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat, heißt es im nachfolgen Satz 2 wie folgt:

„Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

  1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
  2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist,

die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.

Baumangel

Beschaffenheit – Leistungsbeschreibung sowie technische und gesetzliche Regelwerke

Die von einem Handwerker oder Unternehmen geschuldete Beschaffenheit eines Hauses, oder von Teilen eines Hauses oder von anderen Gewerken richtet sich nach alledem weiterhin primär nach den zwischen beiden Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen.

Die einzelnen Kriterien hierfür finden sich in aller Regel in Angeboten des Handwerkers oder Unternehmens und in Leistungsbeschreibungen sowie ergänzend, in gesetzlichen und/oder technischen Regelwerken, wie insbesondere dem Bauordnungsrecht, in Auflagen zu Baugenehmigungen, in Brandschutzbestimmungen, in Bestimmungen zum Schallschutz, in der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) etc., etc., in DIN-Normen und weiteren technischen Regelwerken.

Solche, den Inhalt eines Vertrages ergänzenden gesetzlichen und technischen Regelwerke sind von einem jeden Handwerker und Bauunternehmen zu beachten, da diese zu den soge-nannten anerkannten Regeln der Technik (aRT) zählen und ein Bauwerk, eine werkvertraglich erbrachte Leistung nur dann mangelfrei ist, wenn diese zunächst zumindest auch die in Baugenehmigungen, in gesetzlichen Bestimmungen und in technischen Regelwerken formulierten Anforderungen erfüllt.

Beschaffenheit – Bedeutung der VOB, Teil B

Auch wenn den einzelnen Bestimmungen der VOB Paragrafen vorangestellt sind, so handelt es sich bei diesen Bestimmungen nicht um gesetzliche Bestimmungen, die von einem jeden Handwerker oder Unternehmen verbindlich einzuhalten sind.

Bei der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) handelt es sich vielmehr um ein dreiteiliges, vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen erarbeitetes und fortgeschriebenes, in die Abschnitte Teil A (Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen), Teil B (Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen) und Teil  C  (Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleist-ungen) aufgeteiltes Klauselwerk.

Damit sich die Vertragspartner auf die Geltung der Bestimmungen der VOB und hier insbesondere der VOB Teil B berufen können, welche vornehmlich wechselseitige Regeln und Rechte im Zusammenhang mit der Art und Weise der Ausführung von Bauleistungen, der Behandlung von Mängeln, der Fälligkeit von Zahlungen und der Haftung etc. umfassen, muss die Geltung der Bestimmungen der VOB/B zwischen beiden Vertragsparteien ausdrücklich schriftlich vereinbart worden sein. In diesem Falle werden die einzelnen Bestimmungen der VOB/B zugleich wie allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt, welche einer gesetzlichen Inhaltskontrolle unterliegen, und als solche insgesamt zu ergänzenden Bestandteil des Vertrages.

Nähere Einzelheiten darüber, welche Beschaffenheit ein Bauwerk oder Teile eines Bauwerkes ganz konkret und im Einzelnen aufweisen müssen, damit diese mangelfrei sind, lassen sich allerdings den Bestimmungen der VOB/B und auch der VOB Teil C nicht entnehmen, da diese als AGB nur den eigentlichen Bauvertrag ergänzende Regelungen halten.

Konkretisierung der Soll-Beschaffenheit

Zur Konkretisierung der Soll-Beschaffenheit eines Bauwerkes oder von Teilen eines Bauwerkes ist es daher zwingend notwendig, zunächst in einem ersten Schritt die wechselseitigen Vorstellungen beider zukünftigen Vertragspartner zu ermitteln, möglichst detailliert zu besprechen und schließlich in einem zweiten Schritt sprachlich möglichst präzise in einen Vertragstext sowie in Anlagen hierzu zu fixieren.

Bau- und Leistungsbeschreibung versus werbliche Aussagen

Die Konkretisierung erfolgt dabei vor allen Dingen bei kleineren Werkaufträgen in Angeboten sowie umfangreicheren Baumaßnahmen in Ausschreibungstexten von planenden Architekten und hierbei insbesondere in Leistungsverzeichnissen.

Formulierungen in Angeboten oder Beschreibungen wie z.B. „Beeindruckendes Wohnhaus mit Anbau für vielfältige Nutzung“ oder „Freie, vollständig renovierte 3-Zi.-Whg. mit Balkon und EBK in sehr guter Lage“ oder „Hochwertig renovierte und sonnige 3-Zimmer-Wohnung“ stellen zwar verlockende Anpreisungen und Angebote dar, enthalten jedoch keinerlei Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit die Vorstellungen eines Bauherrn oder Käufers an die Soll-Beschaffenheit eines  Hauses oder einer Wohnung tatsächlich befriedigt sind.

Auch dahingehende Umschreibungen in Leistungs- oder Ausstattungsbeschreibungen zu Bau- oder Bauträgerverträgen, dass zur Ausstattung eines Hauses oder einer Wohnung eine besonders energiesparenden Heizungsanlage oder besonders hochwertige Bodenbeläge oder eine großzügige Raumaufteilung zählen, stellen allenfalls Werbeaussagen und keinerlei Konkretisierungen dar, die zu einer Feststellung oder auch nur zur Beurteilung einer vom Unternehmen oder Bauträger tatsächlich vertraglich geschuldeten baulichen Leistung und Ausstattung eines Hauses oder einer Wohnung und damit zur Beurteilung und Feststellung eines vertraglich verpflichtenden, vom Unternehmen geschuldeten Leistungs-Soll geeignet sind.

Unbeachtlichkeit von Motiven

Weiterhin ist es für ein vertraglich geschuldete Leistung-Soll völlig unbeachtlich, welche Motive ein Vertragspartner, insbesondere ein Bauherr oder Käufer eines Hauses oder einer Eigentumswohnung dafür gehabt hat, dass er sich zum Vertragsabschluss mit dem Bauunternehmen oder einem Bauträger entschlossen hat. Dies gilt solange, wie nicht die Motive Eingang in konkret vertraglich formulierte einzelne Leistungsverpflichtungen und daher vom Auftragnehmer zu erfüllenden Leistungsmerkmalen gefunden haben.

Ist eine freie Sicht von einer Terrasse oder einem Balkon aus über ein weites Feld das ausschlaggebende Motiv für den Abschluss eines Bauvertrages oder den Kauf einer Eigentumswohnung gewesen, wird diese freie Sicht jedoch durch weitere Bauvorhaben schließlich versperrt, so ist dieses Motiv solange im Zusammenhang mit der Beschaffenheit des vom Bauherrn beauftragten Hauses oder der gekauften Wohnung unbeachtlich, wie in dem Vertrag selber nicht ausdrücklich schriftlich der Fortbestand einer völlig freien Sicht verbindlich vereinbart oder zugesichert worden ist. Durch das Versperren der freien Sicht ist das Haus oder die Wohnung nicht mit einem Baumangel behaftet. Oder noch bildhafter ausgedrückt: Die Absicht eines Bauherrn oder Wohnungskäufer, mit dem Bau oder Kauf einem Nachbarn oder Familienangehörigen oder sonstigen Dritten imponieren zu können, ist völlig unerheblich für das Vorliegen eines Mangels, wenn sich derlei Effekte im Nachhinein nicht einstellen sollten.

Versteckter Mangel

Unabhängig davon, dass sich rein begrifflich und technisch Mängel nicht selber aktiv verstecken können, handelt es sich bei einem sogenannten versteckten oder verborgenen Baumangel stets um einen solchen, der nicht sofort offen erkennbar  und − insbesondere auch im Zusammenhang mit einer gründlichen Bauabnahme −  nicht ohne weitere Untersuchungen, gegebenenfalls auch durch Eingriffe in die erstellte Bausubstanz, sofort feststellbar ist. Dies können Mängel in der Planung wie auch zugleich Mängel in der Bauausführung sein. Der Leitmängel zeigen sich in aller Regel zeitlich erst nach der Bauabnahme und vielfach erst nach Monaten oder Jahren, nachdem das Haus oder die Wohnung errichtet, saniert und in Gebrauch genommen worden sind. Zu versteckten Mängeln zählen nur beispielhaft Fehler in der Abdichtung einer Bodenplatte gegen eindringende Feuchtigkeit von außen, der fehlende Anschluss einer Dränage, die Bildung von Kondenswasser in einer Dachisolierung mit Folgen der Fäulnis an Holzbauteilen und Bildung von Schimmelpilzen. Derlei Mängel zeigen sich dabei in aller Regel durch farbliche Veränderungen an Wänden, an Decken das Ausbilden von Nässeflecken oder auch nur durch starke Geruchsbelästigungen.

Symptom-Rechtsprechung des BGH

Im Hinblick darauf, dass ein Bauherr in aller Regel nicht über eine ausreichende Sach- und Fachkunde zur Beurteilung des Vorliegens von Mängeln und deren Folgen verfügt, lässt es die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes seit Jahren als Begründung dafür, dass ein Baumangel vorliegt ausreichen, wenn der Betroffene, der Bauherr dem Gericht äußere Anhaltspunkte dafür benennen und glaubhaft machen kann, dass zumindest das Vorhandensein eines versteckten Baumangels naheliegt. Solche Anhaltspunkte stellen dabei insbesondere sogenannte äußerlich sichtbare Symptome dar, wie die bereits erwähnte Bildung von Verfärbungen oder Wasserflecken an einer Wand, das Auftreten von Feuchtigkeit oder von Schimmelbildungen an einem Bauteil des Hauses oder der Wohnung oder auch nur ein deutlicher Schimmelgeruch im Raum.

Versteckter Baumangel und 30 Jahre Gewährleistung?

Vielfach sind Bauherren und Käufer von Eigentumswohnungen der Auffassung, dass die Gewährleistungszeit für versteckte Baumängel grundsätzlich 30 Jahre beträgt. Diese Auffassung ist jedoch nur dann richtig, wenn es dem Bauherrn und Käufer gelingt einen Beweis dafür zu erbringen, dass der Unternehmer oder Bauträger oder Handwerker bereits zeitlich vor oder bei der Abnahme seiner Leistungen durch den Bauherren/Käufer eine Kenntnis davon gehabt hat, dass seine Leistungen mit einem erheblichen Mangel behaftet sind und er trotz dieser Kenntnis über die Mangelhaftigkeit seiner Leistung dem Bauherrn/Käufer gegenüber bewusst verschwiegen hat.

Gelingt ein solcher Beweis nicht, so verjähren auch Ansprüche wegen versteckter Baumängel grundsätzlich innerhalb der gesetzlichen Fristen des § 634a BGB, d. h. bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen hierfür besteht, d.h. insbesondere von Architektenleistungen und Leistungen der Bauleitung und Bauüberwachung, innerhalb von fünf Jahren ab dem Tag der Abnahme.

 

Fazit:

Angesichts der großen Bedeutung, welche der präzisen Feststellung und konkreten vertraglichen Formulierung des Leistungs-Soll sowohl in einem vom Leistungs-umfang wie auch von der Leistungsart her kleineren Werkvertrag und vor allen Dingen in umfassenden Bauverträgen über Gebäude, gleich welcher Art, und in Bauträgerverträgen über die Herstellung und den Erwerb von Eigentumswohnung zukommt, ist einerseits eine anwaltliche Begleitung von Bauherren, Käufern von Eigentumswohnungen, wie andererseits auch von Bauunternehmen, Bauträgern und Handwerksunternehmen nahezu unverzichtbar.

Nur eine frühzeitige Einschaltung und fortlaufende rechtliche Begleitung eines Bauvorhabens oder des Kaufes einer Eigentumswohnung, in vielen Fällen zugleich begleitet durch einen Sachverständigen für Bauschäden, kann den Eintritt großer finanzieller unwirtschaftlicher Schäden und rechtlicher Nachteile sowie im Nachhinein sehr teure gerichtliche Verfahren vermeiden.

Wie soll auch ein Richter erst zeitlich im Nachhinein, häufig erst nach mehreren Jahren  beurteilen können, was die Vertragsparteien im Einzelnen bei und mit dem Abschluss ihres Vertrages als Ergebnis verfolgt haben, wenn der Erfolg nicht bereits zuvor durch beide Vertragsparteien so konkret und präzise wie möglich vertraglich fixiert worden ist?