Worauf muss ich bei der Fertigstellung und Abnahme eines Gebäudes achten? (Teil 2/3)

Was passiert nach Fertigstellung Ihres Hauses oder Ihrer Eigentumswohnung?

Beim Kauf einer Eigentumswohnung des Sonder- oder Teileigentums findet nach der Fertigstellung mit Ihnen eine gemeinschaftliche Abnahme der Leistungen statt, die Ihnen gegenüber vom Auftragnehmer oder Verkäufer (Bauträger) vertraglich geschuldet und tatsächlich auch erbracht wurden. Genauso verhält es sich auch bei Eigentumswohnanlagen und dem sogenannten Gemeinschaftseigentum (beispielsweise Treppenhäuser, Heizungs-, beziehungsweise Belüftungsanlagen oder Tiefgaragen).

Dieser Schritt wird als gemeinsame Aufnahme, oder auch schriftliche Dokumentation bezeichnet und stellt einen Vergleich des vertraglich vereinbarten und damit geschuldeten Bau-SOLL mit dem tatsächlichen vor Ort vorhandenen Bau-IST dar.

Welche Baumängel gibt es?

Welche Folgen hat die gemeinsame Abnahme?

 

Die erfolgte, gemeinsame Abnahme mit dem Auftragnehmer ist die Voraussetzung für die Fälligkeit und Verpflichtung zur Zahlung des Werklohnes und bei dem Kauf einer Eigentumswohnung für die Fälligkeit und Verpflichtung zur Zahlung der letzten Raten des Kaufpreises.

Die erfolgte Abnahme bewirkt dabei auch, dass das Risiko für den zufälligen Untergang, also für die Vernichtung des Bauwerkes, des Hauses, der Wohnung oder des Gemeinschaftseigentums und damit die Verpflichtung zu dessen Neuherstellung auf den Auftraggeber beziehungsweise den Käufer übergeht. Die Last dieses Risikos wird dem Auftragnehmer vom Auftraggeber abgenommen.

Zugleich geht die Last, im Streitfall den Beweis dafür zu erbringen, dass ein bestimmter Mangel bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden gewesen ist, vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber über. Man bezeichnet das als „Übergang der Beweislast“.

Der Zeitpunkt und die Wahrnehmung des Abnahmetermins sowie die schriftliche, gemeinsame Lieferung der Ergebnisse der Abnahme haben somit eine ganz wesentliche und rechtlich schwerwiegende Bedeutung für beide Vertragspartner.

 

Das verdeutlicht ganz besonders die Bestimmung des Paragraphen 640 Abs. 3 BGB. Er besagt folgendes:

Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk …. ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1-3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.

§ 634 Nr. 1-3 wiederum hat folgenden Wortlaut:

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

  1. nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
  2. nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
  3. nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach

§ 638 die Vergütung mindern …

Typische Mängel bei der Bauabnahme

Worauf müssen Sie bei der Dokumentation achten?

 

  • Wird bei dem Termin der Abnahme der Immobilie ein Baumangel festgestellt oder sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, muss dies schriftlich möglichst präzise im Abnahmeprotokoll dokumentiert werden. Das betrifft auch Mängel, die im Sinne der sogenannten Symptom-Rechtsprechung des BGH vorliegen könnten (z.B. Wasserflecken oder Wasserränder an Wänden, an Holzbauteilen, Isolierungsmaterialien im Dach, ohne dass deren Ursachen zugleich ohne weitere Untersuchungen feststellbar sind),
  • Werden diese nicht ausreichend und präzise dokumentiert, haben Sie als Auftraggeber keine oder nur sehr eingeschränkte Ansprüche auf die Beseitigung der Mängel und auch Mangelursachen durch den Auftragnehmer. Sie müssen außerdem im Falle eines Gerichtsprozesses auf eigene Kosten und in vollem Umfang beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt beziehungsweise unmittelbar vor der Abnahme vorgelegen hat. Etwaige Zweifel hieran gehen dabei zu Ihren Lasten.
  • In dem Abnahmeprotokoll sind gemeinsam Fristen und Termine mit aufzunehmen, bis zu welchem Zeitpunkt der Auftragnehmer die protokollierten Mängel zu beseitigen hat. Wird dieser Termin nicht eingehalten, so kommt der Vertragspartner Ihnen gegenüber in einen Leistungsverzug. Daraus können sich zu Ihren Gunsten weitere Ansprüche ergeben, wie unter Umständen auch Schadensersatzansprüche.
  • Das Abnahmeprotokoll ist in zweifacher Ausfertigung gemeinsam zu unterschreiben und beide Vertragspartner erhalten jeweils eine Ausführung. Verweigert der Auftragnehmer seine Unterschrift auf dem Protokoll, weil er das Vorhandensein eines Mangels bestreitet oder die Vereinbarung von Terminen und Fristen zur Mangelbeseitigung nicht wünscht, so teilen Sie ihm in einem gesonderten Einwurf-Einschreiben oder per E-Mail mit Empfangs- und Lesebestätigung konkret mit, welche Mängel Sie am Termin der Abnahme festgestellt haben. Fordern Sie den Auftragnehmer zudem dazu auf, die von Ihnen festgestellten Mängel bis zu einem bestimmten Datum beziehungsweise Termin zu beseitigen und Ihnen bis zum genannten Zeitpunkt einen schriftlichen Nachweis über die erfolgte Beseitigung vorzulegen.
  • Lassen Sie sich über alle Voraussetzungen und formal einzuhaltenden Schritte der Abnahme durch einen Fachanwalt für Baurecht beraten, damit Ihnen keine rechtlichen Nachteile entstehen.

Soll ich mich während der Bauausführung und zum Abnahmetermin, zur Prüfung oder Bestätigung des Vorhandenseins eines Mangels durch einen Sachverständigen begleiten lassen?

 

  • Insofern Sie die Immobilie ohne ausreichende baufachliche und baurechtliche Erfahrungen oder Kenntnisse errichten lassen, sollten Sie sich bereits während der gesamten Zeit der Bauausführung durch einen Bausachverständigen begleiten lassen. Einem erfahrenen Bausachverständigen, der für Sie regelmäßig den Baufortschritt überwacht und dokumentiert, werden in aller Regel Fehler in der Bauausführung und Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik rechtzeitig auffallen, sodass diese angezeigt und vor dem Abnahmetermin beseitigt werden können.
  • Es besteht kein Weisungsrecht des von Ihnen eingeschalteten Bausachverständigen gegenüber dem Auftragnehmer.
  • Durch die Einschaltung eines Bausachverständigen erhalten Sie jedoch von Beginn des Bauvorhabens an eine größere Sicherheit, dass erkannte Fehler sofort beseitigt werden und dass Ihnen am Ende der Bauzeit ein mangelfreies Objekt übergeben wird.
  • Damit von Ihnen beim Abnahmetermin keine erkennbaren Mängel übersehen werden, sollten Sie sich spätestens zum Termin der Abnahme durch einen Bausachverständigen begleiten lassen. Ansonsten könnte es sein, dass Sie bezüglich der Verpflichtung des Auftragnehmers zur Mangelbeseitigung einen Rechtsverlust erleiden. Zudem können Sie dabei zukünftig auch noch die Beweislast dafür tragen, dass der Mangel bereits bei der Abnahme vorhanden gewesen ist. Der Bausachverständige wird darauf achten, dass die erkennbaren Mängel vollständig und verständlich in das schriftliche Protokoll der Abnahme aufgenommen und darüber hinaus auch noch fotografisch, bildlich und zeichnerisch dokumentiert werden.

Wer trägt die Kosten für den Sachverständigen?

 

Die Kosten für einen Sachverständigen zur Begleitung eines Bauvorhabens oder zur Abnahme einer fertiggestellten Immobilie trägt grundsätzlich der Auftraggeber, solange vertraglich nichts anderes zwischen den beteiligten Parteien vereinbart wurde.